*Umweltbewusstsein

Dienstag, 5. Dezember 2006

Umwelt(un)bewusstsein

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(c) 2006 von Christiane Ganster
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Der erste Eindruck von Lima: eine Stadt grau in grau, Müllberge an den Straßenrändern, Nebel - oder doch Smog? - hüllen die 9-Millionen-Metropole in eine undurchdringliche Dunstglocke, Auspuffabgase von ausrangierten amerikanischen Schulbussen, Mototaxis und Ticos runden das olifaktorische Erlebnis einer Fahrt durch die Hauptstadt Perus ab. Fragen tauchen auf: Findet in Peru wirklich keine Mülltrennung statt? Existieren auf den Straßen überhaupt Fahrzeuge mit Katalysatoren? Wie ist die Umweltsituation in anderen Teilen des Landes?

Einen Teil der Antworten finden Iris und ich während unseres Aufenthaltes in Puente Piedra, einem nördlichen Stadteil Limas. Gleich nach unserer Ankunft im Pueblo Joven unternehmen wir mit der Projektgruppe von Liz, unserer Gastmutter, einen Ausflug zu einem nahe gelegenen Fluss. Die 10- bis 14 Jährigen hören ihrer Lehrerin gespannt zu, als diese über die starke Wasserverschmutzung berichtet und zeigen sich über das damit einhergehende Sterben der Fische berührt. Auch uns verschlägt es den Atem beim Anblick des mit Schaum bedeckten Flusses, der Kadaver und des Gestanks, der auch von einer nahen Müllkippe herrührt. Dort stochert eine Frau, mit Lumpen und Flip-Flops bekleidet, in den Abfällen, um verwertbare Materialien wie Glas oder auch Aluminium zu finden – so viel zum Thema Mülltrennung in Peru! Auf dem Heimweg mit dem Bus packt ein Bursch sein Jausenbrot aus, beißt herzhaft hinein und wirft danach die Verpackung – ein Plastiksackerl – einfach aus dem Busfenster. Und das, obwohl sich die Schulgruppe im Moment gerade mit umweltpolitischen Fragen auseinandersetzt! Doch als wir am Montag in der Schule über Österreich und den österreichischen Zugang zu Umwelt besprechen, zeigen sich alle interessiert und können kaum glauben, dass sowohl verschiedene Eimer für Papier, Plastik. Restmüll, Bioabfälle, Aluminium, Weißglas und Buntglas existieren, als dass der Müll auch eingesammelt und anschließend verbrannt wird. Vielleicht zeigt jedoch gerade diese Form der Bewusstseinsbildung bei Jugendlichen in der Zukunft seine positiven Auswirkungen in Peru.

Ein weiters wichtiges Thema betrifft den Verkehr: Es ist unvorstellbar, aber in Lima bleibt die Suche nach der nächsten Straßenbahn- oder U-Bahnhaltestelle erfolglos. Auch diejenigen, die sich lieber auf ihre eigenen Muskelkraft verlassen und auf das gute alte Fahrrad vertrauen, müssen mit wenig Rücksichtnahme der Auto fahrenden Bevölkerung rechnen. Denn die Straßen werden von fahrenden Untersätzen in Form von Nissan, Hyundai, Toyota, Kia, VW-Käfer und den kleinen Blechbüchsen namens Ticos bevölkert/dominiert. Platz verschaffen sich außerdem Busse in den verschiedensten Varianten, vom Kleinbus bin hin zu alten amerikanischen Collegebussen findet sich für jeden Geschmack das richtige. Was dies für die Umweltsituation im Allgemeinen und die Luftqualität Limas im Besonderen bedeutet, liegt somit wohl auf der Hand.

Was Umweltpolitik in anderen Teilen Perus betrifft, zeigt sich der Bereich Regenwald als problematisch. Peru gilt als eines der artenreichsten Länder der Erde und verfügt über die neuntgrößte Waldoberfläche. Obwohl Teile des Amazonasgebietes unter Naturschutz stehen, werden Tropenhölzer illegal gerodet und seltene Tiere geschmuggelt, wodurch die indigene Bevölkerung ihr Überleben sichert. Anders stellt sich die Lage in den Bergbaugebieten Perus dar, wo in rund 250 Minen hauptsächlich Gold, Silber, Kupfer und Blei abgebaut werden. Dies bringt nicht selten Verschmutzung von Wasser und Boden durch toxische Stoffe bei der Erzgewinnung und Rückständen aus dem Produktionsprozess, soziale Konflikte wegen katastrophaler Arbeitsbedingungen und Landnutzung sowie eine Gefährdung der Landwirtschaft in den betroffenen Gebieten mit sich.

Abschließend lässt sich feststellen, dass sich erst seit Beginn der 90-er Jahre Interesse an umweltpolitischen Fragestellungen ergibt und bis heute noch kein eigenständiges Umweltministerium eingerichtet wurde. Umweltpolitik spielt eine eher geringe Rolle und steht meist ökonomischen Interessen diametral gegenüber. Doch andererseits ist es verständlich, dass sich das Land mehr Gedanken über die Bekämpfung von Armut macht, als über Schadstoffausstoß von Fahrzeugen oder Mülltrennung nachzudenken. Hoffnung kann jedoch in die Jugendlichen gesetzt werden, die für Umweltschutz sensibler scheinen und den Blick über Landesgrenzen in andere Regionen mit möglichen Lösungsansätzen werfen.

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