Peru 1980 – 2000: Sendero Luminoso & politische Gewalt

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(c) 2006 von Nora Dörfler (supported by Andrea Gaigg)
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1980 – 1985: Regierung Fernando Belaúndes
1980 wurden nach einer 12jährigen Militärdiktatur erstmals wieder demokratische Wahlen abgehalten, aus denen Fernando Belaúnde als Sieger hervorging. Am 17. Mai 1980 erklärte die maoistisch orientierte PCP-Sendero Luminoso, „Kommunistische Partei Perus - Der leuchtende Pfad“, den bewaffneten Kampf gegen den peruanischen Staat und verbrennt die Wahlurnen in dem Andendorf Chuschi.

Belaúnde hält Sendero Luminoso (SL) anfangs für eine Randerscheinung und überlässt die Bekämpfung der Terroristen der Polizei, die auf diese Aufgabe in keiner Weise vorbereitet ist und über keine geeignete Antiterrorismusstrategie verfügt. Als sich die subversiven Akte Senderos in der Andenregion zu mehren beginnen und klar wird, dass die Polizei der Aufgabe nicht gewachsen ist, übergibt Belaúnde das Kommando ans Militär (Fuerzas Armadas).

In den Jahren 83 und 84 kommt es zu einer Reihe blutiger Massaker, in deren Mittelpunkt vor allem die arme, quechuasprechende Andenbevölkerung steht. Einer der der wenigen Fälle der auch große Aufmerksamkeit in der Küstenbevölkerung erregt ist die Ermordung von 8 Journalisten in Uchuraccay. Die Reporter werden von der verängstigten Bevölkerung des Dorfes ermordet, da diese die Kameras und Objektive der Journalisten für Feuerwaffen halten.

Das Militär, dessen Auftrag es ist, die Subversion so schnell wie möglich zu beenden, behandelt die ganze Bevölkerung wie grundsätzlich Verdächtige und begeht in diesen Jahren eine Reihe schwerer, systematischer Menschenrechtsverletzungen, wie z.B. außergerichtliche Erschießungen und Festnahmen. Man schätzt, dass zwischen 1983 und 1984 fast 20.000 Menschen im Kreuzfeuer Sendero Luminosos und des Militärs ums Leben kamen; das sind 28% aller Todesopfer in den 20 Jahren der politischen Gewalt.

1984 trat außerdem die Guerillabewegung MRTA (Movimiento Revolucionario Túpac Amaru) in Aktion; im Gegensatz zu Sendero Luminoso sprach sich aber MRTA gegen Opfer in der Zivilbevölkerung aus und war auf Grund seiner Uniformen auch von dieser unterscheidbar.
1985 – 1990: Regierung Alan Garcías
Zu Beginn seiner Regierungszeit versuchte García der Antiterrorbekämpfung eine humanere Richtung zu geben und er setzte eine Friedenskommission sowie das Verteidigungsministerium ein. Mit den Gefängnismassakern im Juni 1986 nahm seine Politik gegenüber der Subversion aber ein scharfe Wende: ein Aufstand in den Gefängnissen „Lurigancho“ und „El Frotón“ wurde auf blutige Art und Weise vom Militär niedergeschlagen und fast alle Insassen wurden umgebracht. Ab diesem Zeitpunkt handelte das Militär mit größerer Autonomie und Grausamkeit.

1988 verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation Perus drastisch: Garcías Wirtschaftspolitik scheitert und Peru schlittert in eine Hyperinflation mit Höchstwerten von 7600% Inflation. Dies destabilisierte das Land weiter, internationale Firmen und Investoren zogen sich zurück Sendero Luminoso nützte die Schwäche des Staates um sich weiter auszubreiten. Zu Ende von Garcías Amtszeit hatte SL ca. 50% der Fläche Perus unter seine Kontrolle gebracht.

Die prekäre wirtschaftliche und soziale Situation im Land hatte Garcías Popularität ins Gegenteil verkehrt und das Volk rief nach einem radikalen Wandel und wählte 1990 den bis dahin politisch unbekannten Alberto Fujimori zum Präsidenten.
1990 – 2000: Regierung Alberto Fujimoris
Um die wirtschaftliche Situation Perus wieder in Griff zu bekommen schlägt Fujimori einen neoliberalen Kurs ein, öffnet den Markt für ausländische Investoren und senkt die Außenzölle von 100% auf 12%. Der Subversion begegnet er mit einer Reihe von verschärften Antiterrorismusgesetzen und stärkt den Geheimdienst (SIN), der seinem Vertrauten Vladimir Montesinos unterstellt wird.

Das Jahr 1992 ist durch einige einschneidende Ereignisse gekennzeichnet:
Am 5. April 1992 löst Fujimori in einem Selbstputsch den Kongress auf und schafft die Todesschwadron „Grupo Colina“, die für eine Reihe schwerer Menschenrechtsverletzungen, wie Mord, Verschwinden lassen von Personen, Folter und Massaker verantwortlich ist.

Im Juli desselben Jahres lässt SL eine Autobombe in Miraflores, einem der Nobelviertel der Stadt, explodieren. 30 Tote und beinahe 200 Verletzte erschüttern nun erstmals auch die Oberschicht Perus, die bis dahin kaum auf die Geschehnisse reagierte.

Im selben Monat gelingt es der Polizei Víctor Polay, den obersten Führer der MRTA zu fassen. Der Monat September bringt der Polizei einen noch größeren Erfolg: die Festnahme Abimael Guzmáns, Führer von Sendero Luminoso. Darauf folgen zwar noch einige Anschläge durch die subversive Gruppierung, die aber eher ein letztes Aufbäumen dieser darstellen.

Gestärkt durch diese großen Erfolge genießt Fujimori die Gunst des Volkes und ändert die Verfassung dahin gehend, dass er im Jahr 1995 erneut zum Präsidenten gewählt werden kann.

Im Dezember 1996 kommt es zu einem erneuten Anschlag durch die MRTA, die die japanische Botschaft besetzt und bis April 1997 72 Personen als Geiseln hält. Das Militär kann 71 Geiseln lebend befreien – alle 14 Geiselnehmer werden bei der Militäraktion getötet.

2000 gewinnt Fujimori eine getürkte Wahl. Im September desselben Jahres gelangen Videos seines Geheimdienstchefs Montesinos ans Licht. Der Skandal erschüttert das ganze Land und Fujimori setzt sich nach Japan ab, wo er von seinem Amt zurück tritt.
Wahrheits- und Versöhnungskommission

Der Präsident der Übergangsregierung, Valentin Paniagua, beschließt die Einsetzung einer Wahrheitskommission, die die Ereignisse in den Jahren 1980 bis 2000 aufklären soll.

Der 2001 gewählte Präsident, Alejandro Toledo, benennt diese in Wahrheits- und Versöhnungskommission um.

Am 28. August 2003 übergibt die Wahrheits- und Versöhnungskommission (CVR) ihren Abschlussbericht der Regierung. Eineinhalb Jahre Recherche und über 17.000 Zeugenaussagen zeigten die erschütternden Ausmaße der Katastrophe: Nicht wie bis dahin angenommen 27.000 Menschen verloren ihr Leben. Die Zahl wurde mit 69.000 Todesopfern mehr als verdoppelt. Der bewaffnete Konflikt hatte außerdem über eine halbe Million Menschen zur Migration gezwungen, zahllose Kinder zu Waisen gemacht und ca. 200.000 Menschen durch Folter, Vergewaltigung und andere Kriegsverbrechen schwer traumatisiert zurück gelassen.

85% der Opfer stammen aus den ärmsten, in den Anden gelegenen Regionen des Landes. 75% der Todesopfer gehörten der indigenen, Quechua sprechenden Bevölkerung an. Laut der CVR ist Sendero Luminoso für 54% der Todesopfer verantwortlich; das Militär und die Polizei für 28%. Die restlichen Todesopfer gehen auf die Selbstverteidigungskomitees und das MRTA zurück.

Die Ursache des Konflikts sieht die CVR unter anderem in der beständigen Marginalisierung und dem seit der Unabhängigkeit vorhandenen latenten Rassismus gegenüber der ländlichen, andinen und indigenen Bevölkerung.

Die Wahrheitskommission gibt in ihrem Bericht außerdem eine Reihe von Empfehlungen, wie die Verurteilung der Schuldigen, Denkmäler und öffentliche Anerkennung des Leids der Betroffenen und Reparationszahlungen, an die Regierung ab.

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